Nach einer Verletzung oder Operation will jeder Patient so schnell wie möglich wieder seinen vorherigen Fitnesszustand erreichen. Das bedeutet, die Beweglichkeit im Knie soll ohne Probleme funktionieren, die Schwellung und Schmerzen verschwinden und die Kraft in den Beinen zunehmen. Dies gilt insbesondere bei Verletzungen der Bänder und Menisken im Knie. Denn auch Jahre nach der Operation ist die Symmetrie der Beinkraft nicht erreicht und dies spielt eine enorm wichtige Rolle bei der Prävention von erneuten Verletzungen.

Dieser Artikel soll Dir zeigen, welche Möglichkeiten es nach einer Operation gibt, die Schwellung zu reduzieren und ein gesundes und belastbares Knie zu erschaffen.

Was ist ein gesundes Knie?

Ein gesundes Knie ist einfach gesagt ein Knie ohne sichtbare Schwellung, ohne Schmerzen und für den Alltag ausreichend belastbar. Schwellung oder Erguss ist erst einmal nichts Schlechtes. Nach einer Operation benötigt der Körper Platz zum Arbeiten und schafft sich diesen mit Hilfe von Flüssigkeit. 6-8 Wochen nach einer Operation sollte diese aber nachlassen. In wenigen Fällen passiert genau das aber nicht.

Das menschliche Knie ist ein Dreh-Scharniergelenk mit einem Gelenkspalt und einer Gelenkkapsel, in der die Gelenkflüssigkeit, Synovia, fließt. Diese sorgt für die Geschmeidigkeit im Gelenk, ähnlich dem Öl im Auto. Besteht nun ein Trauma oder muss eine Operation vorgenommen werden, so kommt es zur Erhöhung der Flüssigkeitsmenge im Knie und in der Kapsel und verhindert ein normales Bewegen der beiden Knochen gegeneinander. Dies hemmt die Kraftentfaltung der Beinmuskeln, insbesondere des M. Quadrizeps femoris und reduziert somit auch die Stabilität des Kniegelenks beim Gehen. Dies beobachte ich stetig in meiner Praxis.

Was verhindert die Ergussreduktion?

Kurz gesagt: Deine Belastung. Jede Belastung auf Dein Knie verursacht eine Kraftentfaltung im Gelenk. Deine Muskulatur drum herum, insbesondere wieder Dein Quadrizeps Muskel reduzieren diese und schützen Dein Knie vor Schäden. Nach einem Trauma oder einer Operation wird aber genau das verhindert. Dies nennt sich neuromuskuläre Hemmung. Durch die Schwellung hemmt Dein Körper Deine Muskulatur voll anzuspannen, da dadurch die Flüssigkeit eventuell zurück ins Gelenk gedrückt werden könnte, oder weitere Verletzungen durch die Muskelkraft auftreten. Als Reaktion darauf kommt es zum Abbau Deiner Muskeln. Sie atrophieren (bauen ab) und die Stabilität nimmt ab. Daher ist es nach einer Operation wichtig, die Muskulatur langsam aber kontinuierlich isometrisch aufzubauen und die Belastung zu steigern.

Wie erkenne ich, ob ein Gelenkerguss vorhanden ist?

Das geht ganz einfach mit Hilfe des Sweep-Tests. Diesen kannst Du alleine durchführen oder Du lässt Dir helfen. Dabei suchen wir nach Flüssigkeit entlang des Sulcus bzw. der Vertiefung an der Innenseite Deines Kniegelenks. Ich erkläre Dir, wie der Test funktioniert:

  • Du legst Dein Bein ausgestreckt auf den Boden/Bett/Couch und lässt locker.
  • Dann streichst Du mit Deiner flachen Hand drei bis vier Mal auf der Innenseite deiner Kniescheibe am Knie immer von unten nach oben.
  • Danach streichst du ein Mal an der Außenseite deiner Kniescheibe von oben nach unten und beobachtest die Innenseite deines Knies.
Wie bewertest Du diesen Test?
  • Null zeigt keine Flüssigkeit nach dem Herunterstreichen.
  • 1 zeigt eine leichte Flüssigkeitsansammlung an der Innenseite.
  • 1+ zeigt eine größere Flüssigkeitsmenge an der Innenseite.
  • 2+ zeigt eine größere Flüssigkeitsmenge die schon vor dem Herunterstreichen auftritt.
  • 3+ zeigt so viel Flüssigkeit, dass selbst das Hochstreichen nichts bringt.

Wie gehe ich mit dem Ergebnis um?

Eine Bewertung von 1+ oder höher zeigt an, dass eine Diskrepanz zwischen Muskelkraft und Belastbarkeit besteht, die während des Alltags auf das Gelenk einwirkt. Um den Gelenkerguss zu reduzieren, muss also eine Lösung gefunden werden. Diese wird herbeigeführt, indem die Muskelkraft erhöht wird und gleichzeitig die Kraft, die auf das Gelenk einwirkt, gesenkt wird. Das bedeutet für Dich, dass Du in einer offenen Kette trainieren solltest.

Eine offene Kette bezeichnet in der Physiotherapie alle Bewegungen ohne Kontakt zu einem festen Untergrund. Das Gelenk erfährt somit keine Druckbelastung. Im Fitnessstudio wäre der Beinstrecker so eine Übung.

Warum ist das wichtig?

Der Gelenkerguss wirkt sich negativ auf die Kinematik deines Knies aus, ist mit schlechteren Ergebnissen verbunden und kann langfristig zur Gelenkdegeneration führen. Außerdem ist es ein Teufelskreis. Besteht eine Schwellung, kommt es zur neuromuskulären Hemmung Deines M. Quadrizeps femoris und somit wiederum zur Reduktion der Stabilität. Daher sollte die Behandlung von Ergüssen in der Frühphase einer Knierehabilitation hohe Priorität haben.

Halten wir fest:

Das Wiederherstellen eines funktionalen Knies nach einem Trauma oder einer Operation ist das Hauptziel eines jeden Patienten. Doch leider wird dies häufig übersehen und zu früh mit unangemessenen Übungen begonnen. Es wird nicht darauf geachtet, in welcher Beziehung die Muskelkraft zur Belastbarkeit steht und wie der Patient sich im Alltag bewegt. Daraus entsteht wiederum ein Teufelskreis aus Schwellung, Kraftverlust und Schmerzen bzw. Unzufriedenheit. Daher ist es umso wichtiger, den Patienten gleich zu Beginn mit ins Boot zu nehmen, aufzuklären und die Wichtigkeit dessen bewusst zu machen. Alles andere hilft keinem von beiden.

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